Rezension: Der Schandfleck

Text: Wiki Aventurica Dennis Rüter

Der Schandfleck
2. Myranor-Roman (2003)
224 Seiten, davon 209 Geschichte, 3 für Anhänge und 1 Dramatis Personae; 4€
André Helfers

Wer kennt das nicht: Winterabende sind lang, und die Tage bestenfalls in weißen Schnee getaucht. Das neue Spiel für die Konsole ist im Monatsbudget leider nicht drin, während Futter für den Computer die erst vor zwei Jahren für gutes Geld angeschaffte Hardware schon überfordert. Und wenn dann noch die Mit-Helden keine Zeit haben für einen Abend auf Wiki AventuricaDere, stellt der geneigte Leser fest, dass der Großteil des Fernsehprogramms aus immer gleich gestrickten Folgen einfacher Serien oder gar Wiederholungen besteht. Bleibt da noch etwas übrig?
Ja! Ein Buch. Bücher zum Lieblingshobby sind sozusagen die Kernessenz von DSA – quasi in Anlehnung an Harry Potter oder den Herrn der Ringe -, CDs oder Computerspiele viel knapper oder die Letztgenannten gar schon viele Jahre alt (was einem Computer ja auch Probleme bereiten kann). Wenn es sich nicht gerade um eine Regionalbeschreibung oder ein Regelheft handeln soll, sondern einen günstigeren Roman, der das Budget mit um die 10 € kaum belastet, stellt sich natürlich als Nächstes die Frage: welchen soll ich mir holen?
Zwar verrät ein Blick auf die Beschreibung auf der Rückseite Teile des Plots, aber hier geht es nicht um den Rahmen zur Ausgestaltung während des Spiels wie bei RSH oder Regeln, sondern eine feststehende Geschichte, an der der Käufer nichts ändern kann.
Bekanntlich ist die Produktpalette von Myranor überschaubar (was Vor- und Nachteile mit sich bringt), und von den mittlerweile 100 verschiedenen Romanen zu DSA nur eine Handvoll dem Nachbarn Aventuriens gewidmet. Damit ihr euch keinen neuen Staubfänger nach Hause holt, habe ich beschlossen, mal meine sehr subjektive Meinung zu einigen der bisher erschienen Romane kundzutun, damit ihr daraus Schlüsse ziehen könnt, welches der vorgestellten Werke euch gefallen könnte.
Fangen wir an.

Cover:

Was das Cover mit der Story zu tun hat, ist die erste Ungereimtheit, denn Ruinen spielen im Buch eigentlich keine Rolle – zumindest keine, die sich mir nach einmaligem Durchlesen eingebrannt hätte. Und der komische, blaue Affe auf dem Riesenblatt? Etwa ein Shingwa? Gab es wieder einmal zu wenig Zeit für den Zeichner? Das soll ja auch in der Basisbox für Scheußlichkeiten gesorgt haben.

Geschichte:

“Der Schandfleck“ zählt zu den beiden älteren Myranor-Romanen – soll heißen: vor dem neuen HC. Ein ehemaliger Wiki AventuricaRondrianer hat während der Invasion Borbarads versagt und heuert auf einem Schiff mit Kurs Güldenland an, um vor seiner Feigheit zu fliehen. Dabei wird das Schiff von myranischen Piraten geentert und er mitsamt seiner Kapitänin Ilvi an einen Wiki AventuricaMagnaten verkauft. Nun versuchen die beiden, ihre Freiheit wiederzuerlangen. Dabei entdecken sie auch noch Gefühle füreinander …
Der Rückentext, der fast genauso klingt, entspricht ziemlich genau dem Geschehen – Überraschungen sind selten. Rowin findet wieder zu seiner alten Kampfkraft zurück und erweist sich als eine Art unbezwingbarer Krieger, der den Güldenländern später den ‚aventurischen Hammer‘ zeigt, sodass es mich wundert, wie dieser Hühne überhaupt von ein paar Wiki AventuricaAmaunir zum Sklaven gemacht werden konnte. Vor allem beschreibt der Autor nebenbei, wie Myrmidonen den einzigen ‚bösen‘ Charakter verhaften, wobei er sogar noch die Technik der myranischen Soldaten preist. Nebenschauplätze oder -handlungen spielen keine große Rolle, nehmen aber einige Seiten ein. Die einzige interessante Nebenhandlung (eben rund um den später verhafteten Kerl) wird geradezu unspektakulär beendet, was der Anzahl der bis dahin auf die Schilderung von dessen Racheplan geopferten Seiten nicht gerecht wird und diese geradezu ab adsurdum führt.

Das zudem noch die Handlung immer wieder aus Sicht anderer Charaktere geschildert wird, verhindert ebenso zuverlässig ein Eintauchen in die Geschichte – der Roman ist zu zersplittert.

Charaktere:

Herr Helfers vermeidet es, seinen Leser mit den Akteuren fühlen zu lassen, indem er sich ziemlich stark auf den eher simplen und kurzen Plot konzentriert – in A4 sicher nicht mehr als 40-50 Seiten. Zwielichtige Leute, wie sie die Fans von J.K. Rowling vor allem in der Gestalt von Severus Snape und von J.R.R. Tolkien mit Gollum kennen, fehlen: jeder ist ziemlich durchschaubar, Entwicklungen gibt es außer bei Rowin nicht. Und selbst bei diesem beschränkt es sich auf die nicht sehr mitreißend geschilderte Liebe zu Ilvi, die ihm dann wieder die Kraft gibt, eben seine chancen- und gesichtslosen Gegner aufzumischen.

Schauplätze:

Wiki AventuricaBalan Cantara und Wiki AventuricaSidor Corabis machen den Großteil der Handlungsorte aus. Leider werden diese recht oberflächlich geschildert, sie sind austauschbar, sodass die Geschichte vielleicht lieber in Wiki AventuricaAl’Anfa und z.B. Wiki AventuricaMengbilla hätte angesiedelt werden sollen – die kennt jeder Aventurier, da hätte die schwarze Perle wieder einmal ordentlich was auf den Deckel kriegen können, wie dies in letzter Zeit offensichtlich öfters der Fall war. Das Imperium: nur die größere Variante Al’Anfas?

Wiedergabe Myranors im Buch:

Dass die beiden Aventurier auf einem in ihrer Heimat kaum bekannten Kontinent gelandet sind und als Sklaven verkauft wurden, könnte manch einer zum Anlass nehmen, ein paar der örtlichen Tiere und Pflanzen auftauchen zu lassen oder neue zu erfinden, exotische Kulturschaffende einzubauen oder sonstige Unterschiede zu schildern. Wie jedoch schon die nur zwei Seiten kurze Zusammenstellung neuer Begriffe zeigt, wird die Exotik kaum berücksichtigt. Sicher, in der Basisbox mag vieles noch nicht genannt worden sein und myranische Sprachen sind auch heute noch kaum entwickelt – aber damit beraubt sich das Buch eigentlich des letzten Existensrechts: denn wenn es nicht neugierigen Aventurien-Kennern diese fremde Landmasse näher bringt, was soll es dann bitteschön bringen?

Fazit:

Cover: 2 von 5 Sternen (immerhin sieht die Ruine noch halbwegs myranisch aus)
Story: 2 von 5 Sternen
Charaktere: 1 von 5 Sternen
Schauplätze: 1 von 5 Sternen
Wiedergabe Myranors: 2 von 5 (immerhin kommen Insektopter vor)
Gesamt 1,6 von 5 Sternen (5 ist die Bestwertung)

Vielleicht ein zu schnell verfasstes und veröffentlichtes, kurzes Buch, das keine bleibenden Eindrücke außer seiner Mäßigkeit zurücklässt.